Das Tor zur Welt
Das Internet! Was wäre unsere Generation und ein Großteil der gegenwärtigen Gesellschaft ohne das World Wide Web? Das ist eine Frage, die mit der Zeit immer schwerer zu beantworten sein wird. Warum? Weil das Internet allgegenwärtig ist. Es begleitet uns wenn wir aufstehen, den gesamten Tag und bevor wir einschlafen. Ein nicht geringer Teil, mag ich zu behaupten, ist sogar die komplette Nacht hindurch ,,online“, auch wenn man sich währenddessen gerade im Tiefschlaf befinde. Hauptsache das geliebte Smartphone, das ,,Tor zur Welt“, gibt nicht den Geist auf. Ja und das schreibe ich bewusst, denn ein Smartphone hat einen ,,Geist“. Es ist nicht bloß irgendein elektronisches Gerät wie beispielsweise ein Toaster, der die einzige Aufgabe hat mein Frühstück zu ,,pimpen“. Ein Smartphone hat unzählige Aufgaben und ist von großem Nutzen. Man kann damit kommunizieren, ohne dass man sich persönlich treffen muss (vor allem bei Ex- Freundinnen und Personen von Vorteil, mit denen man sich nicht im „Real Life“ auseinandersetzen will), man ist immer auf dem neusten Stand (Facebook, Nachrichtendienste etc.), es unterhält jemanden wenn einem gerade langweilig ist und es löst viele alltägliche Probleme. Wir können kommunizieren, navigieren, an allerlei Dingen partizipieren und sogar Geld bei Tipico verlieren.
Ernsthaft, wenn ich eine Pro und Contra Liste über das WWW anfertigen würde, wäre ich vermutlich stundenlang, vielleicht tagelang beschäftigt und mir würden im Nachhinein immer noch Punkte einfallen, die mir entgangen sind oder täglich neu dazukommen. Auf der einen Seite spannend und aufregend, auf der anderen Seite irgendwie erschreckend.
Manchmal denke ich über meine Zeit als Kind und Teenager nach. Ich erinnere mich an das erste Modem, dass mein Vater meiner Mutter geschenkt hat, damit sie ihrer besten Freundin in Chile virtuelle Briefe, heutzutage bekannt als E-Mail, schicken konnte. Dieses wirre Geräusch, wenn sie sich bei ihrem AOL-Account eingeloggt hat vergesse ich nie. Gott sei Dank gibt es das heute nicht mehr. Heute braucht man nur noch den W-Lan Button auf dem Smartphone zu betätigen und man kann etliche Dinge mehr anstellen, als langweilige E-Mails zu schreiben. Verrückt, wie sich das alles verändert hat.
Einer der glücklichsten Tage in meiner Zeit als Teenager war der, an dem mir mein Vater gegen den Willen meiner Mutter mein erstes Handy zum 15. Geburtstag schenkte. Ein Nokia 3210. War zwar nicht das beste auf dem Markt, aber ich war voll und ganz zufrieden damit. Ich hatte das Spiel Snake auf meinem Nokia (was an sich eigentlich nichts Besonderes war), bei dem ich mich mit meinen Freunden messen konnte, wer die meisten Kästchen frisst und am Ende die längste Schlange hatte. Ich konnte mir mit Hilfe eines Jamba-Spar-Abos, für welches ich damals unerklärlich viel Geld ausgegeben hatte, die neuesten Klingeltöne kaufen, um mein Ansehen in der damals aufstrebenden Handy- Generation zu steigern und vor allem konnte ich Kurznachrichten, kurz SMS, verschicken. Das erleichterte meinen damals noch unbeschwerten Alltag als einfacher Schüler fundamental. Ich musste nicht mehr peinlich berührt auf dem Festnetztelefon meiner Freunde anrufen und deren Eltern fragen, ob der Dominik oder der Linus das Haus verlassen dürfen, um mit mir eine Fahrradtour zu unternehmen, geschweige denn noch an der Haustür klingeln. Und das ist nur ein Beispiel von vielen, warum ich mein Nokia einfach nur klasse fand.
Eins aber weiß ich, auch wenn es mir schwer fällt, mir das selber einzugestehen. Mehr oder weniger bin ich auf mein Smartphone und das Internet angewiesen. Ich kann mir derzeit nicht vorstellen, mir eine Woche selbst Internetverbot zu verhängen und mir tun Menschen in Ländern leid, die das Internet nicht in dem Maße nutzen können wie ich.
Bin ich süchtig? Irgendwie schon, wenn ich alle 5-10 Minuten (kann auch zugegeben alle zwei Minuten sein) auf mein, zugegeben wirklich toll aussehendes HTC schaue, um zu checken, ob mir irgendjemand irgendwas geschrieben hat, oder ob irgendwo irgendetwas passiert ist. Und mir wird tatsächlich alle paar Minuten geschrieben und wenn ich meinen Newsfeed bei Facebook aktualisiere passiert auch immer irgendwo was. Selbst wenn in China ein Sack Reis umfällt, berichten meine installierten Nachrichten- Apps sofort darüber. Ich werde tagtäglich von Menschen, mit denen ich bei Facebook befreundet bin, zu Partys eingeladen obwohl ich sie höchstens ein paar mal gesehen habe. Wirklich nett. Das Problem ist, dass ich dann am Wochenende immer zwei Hände voll Leute enttäuschen muss, weil ich vor die Qual der Wahl gestellt werde. Abgesehen davon, dass ich eigentlich gerne zu jeder dieser propagierten Wahnsinns-Partys gehen würde.
Es gibt Tage, da überfordert mich das. Diese Reizüberflutung, seitdem die Welt online gegangen ist. Als ich mein Nokia 3210 hatte, war die Welt manchmal irgendwie angenehmer, persönlicher und vor allem stressfreier. Und das sind nur ein paar wenige Adjektive, die mir gerade eingefallen sind. Mir würden noch viel mehr einfallen, aber das würde den Rahmen sprengen. Das wäre zu viel, ja, zu viel. Das ist eigentlich das Adjektiv, was die derzeitige Situation am besten beschreibt. Ich sehne mich nach Qualität und nicht nach Quantität, in allen Belangen.
Es ist noch nicht all zu lange her, wo ich gemütlich mit zwei guten Freunden einen Abend in einer Bar verbrachte. Einen davon hatte ich lange nicht mehr gesehen, konnte aber dank des WWW und Skype mit ihm in Vietnam kommunizieren. Und das nicht via SMS, sondern per Videoübertragung. Wow! Aber leider war ich zu Anfang des Abends wieder mal damit beschäftigt, mich alle 5 Minuten via Facebook Messenger mit einer Frau zu ,,unterhalten“ , die ich im Internet kennengelernt hatte und bis dato nur einmal gesehen hatte. Wahnsinns Frau, virtuell sowie bei unserem ersten Treffen, bis ich ein paar Wochen später jedoch nach einem Whats-App Gespräch selbst merkte, dass wir doch nicht so die gleichen Vorstellungen bezüglich unserer potenziellen Zukunft hatten. Wie auch immer, an dem besagten Abend schlug mir dann eine gute Freundin, die nicht sehr über meine permanente Tipperei und meinen Tunnelblick auf mein Smartphone amüsiert war vor, ein Spiel zu spielen. Das Spiel war eigentlich ganz simpel. Wer zuerst sein geliebtes Smartphone anfäßt zahlt die nächste Runde. Ich spielte natürlich mit, wollte ich ja nicht als derjenige dastehen, der die Anwesenheit guter Freunde nicht zu schätzen weiß und mich parallel dazu noch als Sklave meines geliebten Smartphones outen wollte.
Am Ende des Abends musste keiner eine Runde bezahlen. Und wir hatten so gute Gespräche, dass die Zeit wie im Flug verging und ich keinen Gedanken daran verschwendete, die Wette zu verlieren .Keine Reizüberflutung, keine Phantomvibrationen, kein Stress. Herrlich! Qualität statt Quantität.
Darauf wird es in Zukunft ankommen im WorldWideWeb und vor allem im echten Leben. Wir müssen lernen, zu ,,filtern“ und Qualität der Quantität zu bevorzugen. Das macht den Alltag lebenswerter. Man soll sich freuen, über das Internet deren Möglichkeiten und die moderne Kommunikation deren Teil wir sind. Aber auch gleichzeitig nicht vergessen, dass das echte Leben langfristig immer reizvoller und ehrlicher sein wird als das Netz.
Mir fallen gerade wieder so viele Pro und Contra Aspekte über dieses Thema ein, aber würde ich das jetzt alles aufführen, würde ich bestimmt eine Trilogie darüber schreiben. Aber darauf habe ich keine Lust. Ich glaube, in Zukunft gebe ich mich lieber mit einem guten Buch zufrieden.